Provenienzforschung am Institut Mathildenhöhe zur Städtischen Kunstsammlung Darmstadt
Herkunftsgeschichten klären: Was Provenienzforschung bedeutet
Provenienzforschung ist der Fachbegriff für die wissenschaftliche Untersuchung der Herkunftsgeschichte von Kunstwerken. Mit dem Ziel, genau zu rekonstruieren, wie ein Kunstwerk in die Museumssammlung gekommen ist, fragt die Provenienzforschung nach den Umständen einer Erwerbung sowie nach den verschiedenen Stationen des Kunstwerkes auf dem Weg in die Museumssammlung. Im Zentrum der Betrachtung stehen die Besitzverhältnisse. Von Interesse ist dabei jedoch die gesamte Geschichte eines Kunstwerks, beginnend bei seiner Entstehung. Informationen über die beteiligten Künstler*innen, Sammler*innen, Personen aus dem Kunsthandel, Museen und ihre Mitarbeiter*innen sowie Fakten zur Kulturgeschichte und den politischen Rahmenbedingungen sind gleichsam relevant. Eine Klärung der Herkunftsgeschichte kann die Aussagekraft und die kunsthistorische Bedeutung sowie den kulturellen Wert eines Kunstwerks erhöhen. Die Provenienzforschung hat demnach grundlegende Bedeutung für alle Institutionen, die Kunst- und Kulturgüter bewahren.
Kunstraub während der Zeit des Nationalsozialismus
Während der NS-Diktatur von 1933 bis 1945 wurden Staatsverbrechen in einem ungeheuren und historisch einmaligen Ausmaß begangen. Während der Unterdrückung und Verfolgung zahlloser deutscher Bürger*innen, die verfemt, verfolgt und ermordet worden sind, bereicherte sich der NS-Staat schamlos an deren Besitztümern. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges erweiterten sich die Raubzüge der Nationalsozialisten auf das besetzte Ausland. Obwohl bereits unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges umfassende Restitutionen von geraubten Kunstwerken erfolgten, befinden sich bis heute zahlreiche Objekte mit bedenklicher Provenienz in deutschen Museumssammlungen. Das ganze Ausmaß des problematischen Erbes des NS-Kunstraubes wurde erst im Laufe der 1990er Jahre in der Öffentlichkeit bekannt. Im Jahr 1998 bekannten sich über 40 Staaten - darunter Deutschland - nach einer gemeinsamen Konferenz zum Umgang mit Vermögensentzug während des Holocaust in der Washingtoner Erklärung dazu, geraubte Kunstwerke zu identifizieren, Erben ausfindig zu machen sowie faire und gerechte Lösungen für eine Rückgabe zu suchen. Die Provenienzforschung an Museen leistet seither in vielen Fällen Grundlagenforschung zum Thema Kunstgeschichte und Kulturpolitik im Nationalsozialismus. Sie ist Teil der historischen Aufarbeitung der NS-Diktatur und ein Bekenntnis, alle Möglichkeiten zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit zu nutzen.
Erforschung der Provenienzen des GEMÄLDEBESTANDES der Städtischen Kunstsammlung Darmstadt
Gemälderückseite von Wilhelm Bader (1855 - 1920), Damenportrait, o.D., Öl auf Leinwand, 46 x 39 cm Institut Mathildenhöhe, Städtische Kunstsammlung Darmstadt Inv.-Nr. 362 MA, Provenienz: Übernahme vom ehemaligen Stadtmuseum Darmstadt