Bilder der Ausstellung
- Das Obergeschoss der Kunsthalle Marcel Duchamp mit Kunstwerken von Caroline Bachmann und Stefan Banz nach Meret Oppenheim, Aldo Walker, Sonja Alhäuser und Robert Gober Foto: Gregor Schuster
- Nahaufnahme des kleinsten Museums der Welt Foto: Gregor Schuster
- Blick auf die Kunsthalle Marcel Duchamp in Richtung der Russischen Kapelle und des Platanenhains Foto: Gregor Schuster
- Ein besonderes Ensemble auf der Mathildenhöhe Darmstadt: Die Kunsthalle Marcel Duchamp vor dem Hochzeitsturm und Ausstellungsgebäude. Foto: Gregor Schuster
- Ansicht des Erdgeschossraumes mit Werken von Caroline Bachmann und Stefan Banz nach Joseph Beuys, Dieter Roth und Ed Ruscha. Foto: Gregor Schuster
- Blick durch das Oberlicht der Kunsthalle Marcel Duchamp mit dem Werk von Caroline Bachmann und Stefan Banz nach Meret Oppenheim. Foto: Gregor Schuster
- Foto: Gregor Schuster
- Foto: Gregor Schuster
Die Ausstellung
Das kleinste Museum der Welt ist zu Gast auf der Mathildenhöhe Darmstadt: Den ganzen Sommer über zeigt die gerade einmal einen halben Kubikmeter große Kunsthalle Marcel Duchamp vor dem wegen Sanierung geschlossenen Ausstellungsgebäude eine hochkarätige Themenausstellung. Konzipiert wurde sie von den Erfindern und Betreibern der Kunsthalle Marcel Duchamp: den Schweizer Künstlern Caroline Bachmann und Stefan Banz.
DIE KUNSTHALLE MARCEL DUCHAMP
Ein Vogelhaus, ein großer Briefkasten, eine Camera obscura? Wer sich dem bis dato unbekannten Objekt auf dem Freigelände der Mathildenhöhe nähert, weiß erst einmal nicht so genau, was er da vor sich hat. Auf einem Metallständer steht da eine mit Teerpappe ummantelte Holzkonstruktion, darin fünf verglaste Öffnungen, aus denen nachts das Licht dringt. Blickt man in das Miniaturbauwerk hinein, eröffnet sich in seinem Inneren ein fulminantes Reich der Kunst.
Die Kunsthalle Marcel Duchamp, diese Modellarchitektur für ungewöhnliche künstlerische Einsichten und Blickwinkel stand bisher im schweizerischen Cully östlich von Lausanne, direkt am Ufer des Genfer Sees. Die Schweizer Künstler Caroline Bachmann und Stefan Banz haben sie dort als Hommage an Marcel Duchamp, den Altmeister sinnlicher Konzeptkunst, errichtet. Kaum zufällig befindet sich unweit von Cully der Wasserfall, der Duchamp im Sommer 1946 zu einem titelgebenden Element seines letzten Meisterwerkes Étant donnés: 1° la chute d'eau, 2° le gaz d'éclairage (Gegeben seien: 1. Der Wasserfall, 2. Das Leuchtgas…) inspirierte.
Seit 2010 zeigen Bachmann und Banz in diesem Miniaturmuseum frei nach Duchamps Boîte-en-valise große Ausstellungen im Kleinstformat – von international bekannten Künstlern wie Norbert Bisky, Ecke Bonk, Ai Weiwei oder Haegue Yang. Mit ihrem Work in progress stehen die Schweizer Künstler in vielfacher Hinsicht im Zeichen des Meisters der Readymades und seiner permanenten Material- und Bedeutungsverschiebungen.
Nun wechselt diese außergewöhnliche Kunsthalle zum ersten Mal ihren Standort und zieht für einen Sommer gut fünfhundert Kilometer nach Norden: auf die Mathildenhöhe Darmstadt. Sie „ersetzt“ dort ebenso real wie spielerisch das wegen Sanierung geschlossene Ausstellungsgebäude Mathildenhöhe.
DIE AUSSTELLUNG
Aus diesem bedeutenden Anlass realisieren Caroline Bachmann und Stefan Banz erstmalig eine eigene Ausstellung in der Kunsthalle Marcel Duchamp. Sie ist inspiriert von dem vor genau 100 Jahren entstandenen Gemälde Broyeuse de chocolat n° 1 – einem frühen Schlüsselwerk von Duchamp, das dessen Begeisterung für Schokolade und Maschinen gleichermaßen vereint. Unter dem Titel La Broyeuse de chocolat präsentieren Bachmann und Banz auf der Mathildenhöhe eine weit ausgreifende internationale Gruppenausstellung mit neun Künstlerinnen und Künstlern aus fünf Ländern und versammeln bedeutende Werke nach Marcel Duchamp (F), Meret Oppenheim (CH), Joseph Beuys (D), Dieter Roth (CH), Ed Ruscha (USA), Aldo Walker (CH), Robert Gober (USA), Vik Muniz (BR) und Sonja Alhäuser (D) – in kleinem Maßstab und deshalb umso eindrucksvoller.
Die Arbeiten sind allesamt produktive Widersprüche im Sinne Duchamps: Denn die kleinformatigen Kopien von Kunstwerken sind zugleich aufwendig von Caroline Bachmann und Stefan Banz handgefertigte Originale. Bis auf zwei in Tempera auf Papier ausgeführte Wandinstallationen sind alle Gemälde, Skulpturen und Objekte in Holz realisiert und mit Tempera oder Öl farbig gefasst. Alle Werke stehen in einem ebenso assoziativen wie erhellenden Zusammenhang mit Marcel Duchamps Bildfindung aus dem Jahr 1913.
Mit der umfangreichen Themenschau rund um Duchamps Schokoladenreibe nimmt die Präsentation der Kunsthalle Marcel Duchamp für Frühling, Sommer und Herbst 2013 den Platz der großen interdisziplinären Ausstellungen ein, die für gewöhnlich auf der Mathildenhöhe Darmstadt zu erleben sind. Anstelle der eintausend Quadratmeter des wegen Sanierung derzeit geschlossenen Ausstellungsgebäudes steht nun gerade mal ein halber Kubikmeter bereit, um einhundert Jahre Kunstgegenwart im Lichte Marcel Duchamps Revue passieren zu lassen. Ein Spiel mit Formaten und Inhalten, das zugleich ein Spiel mit Aufmerksamkeitswerten ist: Denn der Besuch der Kunsthalle ist kostenlos, sie steht den Blicken der Besucher rund um die Uhr offen.
Mit dieser Ausstellung an ihrem besonderen Schauplatz, der Kunsthalle Marcel Duchamp, geht das große Duchamp-Spiel in eine neue Runde. Allen Interessierten eröffnet sich ein Raum der Kunst im Geiste spielerischen Ernstes und ernster Spiele. La Broyeuse de chocolat ist ein Projekt voller sinnlicher und intellektueller Raffinesse sowie verblüffender Handwerkskunst, mit überraschenden Volten ganz im Sinne des großen Meisters. Eine Schau der Schokolative eben.